Wege in eine gemeinsame Zukunft:

Hindernisse der Europäischen Einigung aus britischer Sicht

"Eine Rede mit Folgen" – Eine Podiumsdiskussion über die Erklärung von Prime Minister Cameron vom 23. Januar 2013 in London zum Verhältnis des Vereinigten Königreichs zur Europäischen Union.

Podiumsdiskussion: Zukunft Großbritanniens und der EU.

Die Europäische Union steckt in der Krise. Was ist eigentlich auf einmal los? Diese Frage kann im Rahmen einer einzelnen Podiumsdiskussion nicht abschließend beantwortet werden. Daher soll dies mit einer Reihe von Veranstaltungen, in lockerer Abfolge, gewährleistet werden: Dringend erforderliche Erstinformation über die aktuellen Entwicklungen ebenso zu geben wie Positionsbestimmungen aus erster Hand, und zwar von prominenten Vertretern der einzelnen Staaten oder bedeutender Interessengruppen oder anderen relevanten Kräften – fast immer geprägt vom jeweiligen geschichtlichen Hintergrund. Zusammengefasst beschrieb so die Veranstaltergemeinschaft (siehe unten) die Absichten zu einer ungewöhnlichen Veranstaltungsreihe mit Auftakt am 6. Juni 2013 in der Pauluskirche in Duisburg-Hochfeld.



Dieser selbst gesetzte Anspruch ist mit der Auftaktveranstaltung auch beispielhaft eingelöst worden – dank der hohen Qualität der Beiträge beider Diskutanten und dank eines aufmerksamen und engagierten Publikums. Für die Folgeveranstaltungen wurden so Maßstäbe gesetzt, aber auch ein Rahmen für den Ablauf künftiger Veranstaltungen aufgezeigt: Rede, Gegenrede und Aussprache.


Hindernisse der Europäischen Einigung aus britischer Sicht

Nach einer Begrüßung durch Kirchmeister Jörg-Holger Ibsch für die Evangelische Gemeinde Duisburg-Hochfeld und einem Grußwort der Stadt Duisburg von Bürgermeister Erkan Kocalar erläuterte der britische Generalkonsul Malcolm Scott die Rede des britischen Premierministers David Cameron vom 23.Januar 2013. In dieser hatte der Regierungschef des Vereinigten Königreiches der britischen Bevölkerung im Fall seiner Wiederwahl ein Referendum über den Verbleib des Landes in der EU in Aussicht gestellt. Pfarrer Jürgen Widera (Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt) trug im Anschluss seine Interpretation der Ursachen und Folgerungen dieser Rede vor. Anschließend diskutierten die beiden „Kontrahenten“ über die Konsequenzen der Rede für die Zukunft der EU. Zum Abschluss entwickelte sich ein reger Austausch mit vielfältigen Fragen und Anmerkungen aus dem Publikum.


Der Abend wurde von Robert Tonks, Vorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft Duisburg e.V., moderiert. Zu Beginn der Veranstaltung lenkte er die Aufmerksamkeit darauf, dass ein – aus seiner Sicht – wesentliches Datum nicht nur für die deutsch-britische Verständigung, sondern auch für die Nachkriegsentwicklung des gesamten Europas den wenigsten im Saal (noch) präsent war, nämlich, der Tag der Veranstaltung selbst. Der 6. Juni war vor 69 Jahren „D-Day“ – der Tag, der aus der Sicht des Westens den Beginn der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus symbolisiert. Die Freiheitsdefinition der Alliierten beruhte damals auf den Vier Freiheiten von US-Präsident Roosevelt in seiner Rede zur Lage der Nation vom Januar 1941: Die Menschen sollten – so seine Forderung - einerseits über Rede- und Glaubensfreiheit verfügen und andererseits frei von Not und Furcht sein. Die Vier Freiheiten bilden bis heute die Grundlage der Menschenrechte der Vereinten Nationen.



Doch vom geschichtlichen Hintergrund zum Inhalt der aktuellen Debatte. Die beiden Diskutanten auf dem Podium setzten sich, wie schon erwähnt, zunächst mit den von David Cameron in seiner Rede angesprochenen fünf Prinzipien auseinander: Wettbewerbsfähigkeit, Flexibilität, Subsidiarität, Legitimation und Fairness. Es galt dabei, auch einige Missverständnisse auszuräumen, die nach dem Verlesen der Rede aus Teilen der Politik und der Medienwelt in Großbritannien sowie EU-weit aufkamen.


Kochen

Der britische Generalkonsul Malcolm Scott betonte insbesondere die für Großbritannien entscheidende Bedeutung des EU-Binnenmarktes sowie die Konkurrenzfähigkeit der Mitgliedsstaaten und erläuterte: „Die Flexibilität der EU sollte gestärkt und weiter ausgebaut werden, damit die Union handlungsfähig bleibt. Das Kernstück der EU bildet der Binnenmarkt. Den Binnenmarkt für Dienstleistungen und den digitalen Verkehr zu erweitern sowie Freihandelsabkommen mit den USA, Kanada und Japan abzuschließen, um den Handel zu fördern, steigert die Wettbewerbsfähigkeit und die Union profitiert davon enorm“.


Pfarrer Jürgen Widera hob hingegen das für ihn alles entscheidende, das soziale Europa hervor. Widera: „Europa steht für Wohlstand und Frieden, aber das heißt nicht, sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen, sondern gemeinsam weiter daran zu arbeiten und die politische Integration innerhalb der Eurozone voran zu treiben. Dabei darf die Union das Soziale und die Menschen nicht vergessen. Es ist zwingend, das gute Arbeits- und Bildungsplätze nicht nur hierzulande sondern zum Beispiel auch in Griechenland geschaffen werden. Aus der Eurokrise müssen die notwendigen Schlüsse gezogen werden und Maßnahmen ergriffen werden, mit denen man der EU-weit anwachsenden Langzeitarbeitslosigkeit der Jugend entgegenwirken kann. Die Zukunft Europas hängt von der Jugend ab.“


Als Schlussbetrachtung hielt Jürgen Widera fest: „Die Europäische Union kann ihre Krise und ihre Probleme mit der Europäischen Integration nur gemeinsam und mit viel Verständnis für die anderen Partner überstehen und bewältigen. Es gibt dabei keine Einzel- oder Sonderlösungen“.


In seinem Fazit folgerte Malcolm Scott „Genauso wenig gibt es aber die Universallösung. Wir müssen die EU wieder den Bürgern näher bringen, um ihr Vertrauen zu gewinnen und ihnen bewusst zu machen, dass es ohne den einen oder anderen Partner nicht funktioniert. Dabei sollten die Bedürfnisse und die Vielfalt der Bürger berücksichtigt werden. Dafür braucht die EU ein anderes Image. Aus Krisen oder Problemen müssen wir gemeinsam lernen und gestärkt hervorgehen“.


Ausblick: Können die Anschlussveranstaltungen die Qualität der Information und das Niveau der Debatte halten, ist Duisburg um einen „Lernort“ reicher geworden.


Veranstalterkreis:

Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V./ RAG Rhein-Ruhr West

Deutsch-Französische Gesellschaft Duisburg e.V.

Deutsch-Italienische Gesellschaft Duisburg e.V.

Deutsch-Britische Gesellschaft Duisburg e.V.

Europa Union Deutschland, Kreisverband Duisburg-Mülheim-Niederrhein

Freunde der Friedensorgel Sant`Anna di Stazzema

Griechische Gemeinde Duisburg e.V.

Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) Duisburg

Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

Evangelische Gemeinde Duisburg-Hochfeld

Europe Direct EU-Bürgerservice der Stadt Duisburg



Britische Botschaft Berlin


Autoren: Edona Tahiri, Wolfgang Braun und Robert Tonks



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